Sehnsucht nach Normalität
Zum Entdecken oder auch zum Wiederlesen bringen wir das Traum-Gedicht nun in unserer CARInews.
Zum Entdecken oder auch zum Wiederlesen bringen wir das Traum-Gedicht nun in unserer CARInews.
Ich träumte, alle Rechnungen seien bezahlt.
Und am Ende des Monats sei noch ein wenig übrig.
In diesem Traum konnte ich mir eine neue Waschmaschine
und zwei Wochen Urlaub an der Ostsee leisten.
Ich freute mich wieder auf Post
und mein Mail-Postfach wurde nicht mit Mahnungen gespamt.
Und ich kann schlafen.
Einfach schlafen.
Ohne kreisende Gedanken.
Wenn es an der Tür klingelt,
schrecke ich nicht auf.
An meinem Traumort sind alle Gerichtsvollzieher nett
und wenn ich doch einmal eine Mahnung aufmachen muss,
strömen mir aus dem Umschlag
Freundlichkeit und Verständnis entgegen.
Niemand macht mir Vorwürfe.
Ich muss mich nicht schämen.
Die Dinge, die zu tun sind, erledige ich. Sofort.
Läuft mal etwas schief, kann ich mir selbst verzeihen.
Ich träumte, es lohnt sich, sich anzustrengen.
Ich träumte es klappt, was ich anpacke.
In diesem Traum lobt mich meine Familie.
Meine Freunde feiern mich.
Der Autor, Schuldnerberater Nicolas Mantseris, erinnert sich:
"Seit mehr als 25 Jahren in der Schuldnerberatung begleitet mich neben der eigentlichen Beratung die Frage, wie es den Ratsuchenden in dieser Ausnahme-Situation geht. Wie gehen sie auch mit ihrer eigenen Begrenztheit und ihren eigenen Fehlern um? Oder mit Stress und Vorwürfen in der Familie? Wie machen sie Sinn aus ihrer Situation?
Vor einiger Zeit war dann der Liedermacher Clemens Bittlinger in Neubrandenburg. In seinem Konzert im Begegnungszentrum von St. Michael blieb mir – neben den Liedern aus meiner Jugend – vor allem eine Liedzeile hängen: „Ich träumte, alle Rechnungen seien bezahlt.“ Dieser Satz drückt doch eine tiefe Sehnsucht nach einem Stück Normalität aus. Welche dringenden Wünsche hätten meine Klient*innen denn noch? Die weiteren Zeilen des Gedichtes haben sich im Anschluss wie von selbst gefüllt."