Wider den Ungeist von Verschwörungsmythen
"Möchte die deutsche Diaspora-Erzbistum Hamburg die geringe Katholikenzahl …nochmals reduzieren? Ab sofort sind nur mehr 3G und 2G Gottesdienste erlaubt."
Mit dieser rhetorisch-suggestiven Frage wird im Netz Stimmung gemacht gegen verantwortliche Entscheidungen kirchlicher Verantwortungsträger in der Corona-Pandemie. Suggestiv wird die Frage hinterhergeschoben: "Ob Jesus auch so gehandelt hätte und ‚Aussätzige‘/ Ungeimpfte ausgeschlossen hätte?" Es ist unredlich, so zu tun, als ob ungeimpfte Menschen gleichzusetzen sind mit Menschen zur Zeit Jesu, die unter einer Hautkrankheit zu leiden hatten. Niemand schließt Menschen von der Impfung aus und auch jene, die sich aus medizinischen Indikationen nicht impfen lassen können, wird jede erdenkliche Hilfe zuteil. Die Frage bleibt: Was steckt hinter dieser irreführenden ‚Drohbotschaft‘?
Eines ist sicher: Es ist keine ‚Frohbotschaft‘. Ein kleines Büchlein von Umberto Eco trägt den Titel "Verschwörungen". In ihm zitiert er den Philosophen Popper, der sinngemäß sagt: Wenn Gott ‚tot‘ ist, dazu alle anderen ‚Götter‘ wie die Götter Griechenlands - dann bleibt nur noch ein ‚Gott‘ übrig: Das eigene Ich, das sich gleichzeitig allmächtig, omnipotent und unendlich ohnmächtig und einsam fühlt.
Dieser Irr-und Aberglaube an das allmächtige und gleichzeitig angstbesetzte Ich scheint hinter zwei Grundmotiven von Verschwörungsmythen zu stehen: Hinter der alles zersetzende Skepsis, die ‚allergisch‘ ist gegen jegliche Vorgaben von ‚oben‘ und hinter dem ‚esoterischen (Aber)Glauben, der per se alle Wissenschaft als im Dienste der Interessen der ‚Eliten‘ verdächtigt. Beide Momente sind eine reale Gefahr, sowohl für die offene Gesellschaft als auch für Organisationen wie Kirche oder Caritas. Dabei ist es gerade die christliche Botschaft, die etwas Befreiendes zu sagen hat. Denn
"Wer nicht von bestimmten menschlichen Werten als absoluten Größen ausgeht, verrät sich an die Geschichte, vor allem an die dialektisch interpretierte Geschichte des Marxismus, aber auch an die des Kapitalismus. Damit wir Menschen sind, müssen wir… von bestimmten menschlichen Evidenzen ausgehen." (Eugen Drewermann "Wenn die Sterne Götter wären", 240)
Und sein Buch "Wendepunkte" beginnt Drewermann mit den Worten:
"Wie nötig wäre Religion! Wer, wenn nicht sie, könnte den Menschen sagen, dass sie mehr sind als Übergangsgebilde im Stoffwechselhaushalt der Natur, dass sie zu schade sind, um sich als Konsumenten und als Produzenten im Wirtschaftskreislauf dubioser Kapitalverwerter zu verschleißen…" (Eugen Drewermann "Wendepunkte", 9)
Es ist insbesondere der jüdisch-christliche Glaube, der angesichts vieler Irrungen und Wirrungen heute verlässlich Orientierung bietet. Sie ist im wörtlichen Sinne notwendig, also, um die Not zu wenden, um Verschwörungsmythen zu widerstehen. Auf der Seite Caritaspastoral der Caritas im Norden bin ich in mehreren Beiträgen auf Fragen zu Verschwörungsmythen eingegangen. Gerne bin ich auch bereit, in Dienst- und Teamberatungen zu diesem Thema Stellung zu nehmen und auf Fragen zu antworten.
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Schwerin, den 30.11.2021
Rudolf Hubert, Referent für Caritaspastoral