Bilder der Hoffnung - Zum Gedenktag von Thomas von Aquin
Coronabedingt kann ich meine 88-jährige Mutter nur sehr eingeschränkt nach geltenden gesetzlichen Vorgaben besuchen. Meine Mutter befindet sich seit einigen Jahren auf Grund ihres Gesundheitszustandes in einer Caritaseinrichtung.
Was mir vor, aber auch gerade in Zeiten der Corona-Pandemie auffällt ist der sprichwörtlich ‚gute Geist‘ der in dieser Einrichtung herrscht. Meine Mutter hat es mir wiederholt gesagt, wie gut sie sich in dieser Einrichtung der Caritas aufgehoben fühlt. Woher kommt dieser ‚Geist‘? Wer gibt die Kraft zu solchem Tun, das aus tiefer innerer Haltung kommt? Eine Antwort auf diese Fragenhabe ich gestern erleben dürfen. Es ist wie ein tiefes Symbol einer Welt des Friedens von morgen, dass ausgerechnet in einem Pflegeheim ein junger, freundlicher, aber auch klar und bestimmt auftretender Unteroffizier der Bundeswehr hilft bei der Testung und den Formalitäten, die nun einmal dazu gehören. Eine große Entlastung für das Personal in der Einrichtung und ein Symbol der Solidarität. "Wir dienen Deutschland" erhält unter diesem Blickwinkel noch einmal eine ganz neue Bedeutung.
Dann kam der Heimleiter und lud mich ein, um 15.00 Uhr zu einer Andacht in die Kapelle der Einrichtung. Den Besuch bei meiner Mutter habe ich unterbrochen, um für sie und alle Bewohner der Einrichtung und für alle, die unter der Pandemie leiden, zu beten. Ich versprach, ihr im Nachhinein von der Andacht zu erzählen.
Thomas von Aquin, Fresko aus dem Zisterzienserkloster Santa Maria di FollinaFoto: Adobe Stock
Was bzw. wen traf ich in der Kapelle an? Vorn nahm ein älterer Geistlicher Platz; die umgehängte Stola zeigte an, dass er jetzt ‚im Amt‘ war. Wir waren nicht sehr viele, vielleicht 5 oder 6 Personen, die sich zum Gebet versammelten. Der Pfarrer hatte die Texte für den morgigen Tag vorbereitet, er sprach von Thomas von Aquin und seiner Bedeutung auch für unsere Zeit. Verschmitzt schaute er einmal zu mir hoch und las mit einem Lächeln aus seinem Büchlein, dass auch bedeutende Theologen heute, wie Karl Rahner, dem Hl. Thomas viel verdanken. Es war gleichsam ein Impuls und ein Dialog, der durch das Beten des Hymnus und eines Psalms ergänzt wurde. Der Heimleiter betete mit uns abschließend in den Fürbitten für viele Anliegen, in denen Menschen die Nähe Gottes besonders erfahren sollten.
Diese kleine ¼ Stunde war für mich mehr wert als große, prunkvolle Gottesdienste. Hier war etwas zu spüren von der Würde des Menschen, der mit Gottes Geist begabt ist. Hier war etwas zu erfahren von der ‚priesterlichen Existenz‘, die im allerletzten eine christliche ist: Das Vertrauen zu wagen füreinander und miteinander im Wissen darum, im "Einsatz Gottes (zu) leben" (Balthasar).
Ich bin für diese Zeit unendlich dankbar. Sie hat mich etwas erfahren lassen von dem "Geist des Hauses". Auf dem Gesicht meiner Mutter war ein Strahlen zu sehen, als ich ihr von diesem Gottesdienst - der so sehr ein Menschendienst ist, - berichtete. Und wenn es dem Pfarrer möglich ist, wird auch in einer Woche wieder solch eine Andacht in unserer Caritas - Einrichtung stattfinden. Ich habe dem Heimleiter voller Dankbarkeit und stiller Freude gestern mitgeteilt, dass ich diese Einladung gerne annehmen werde.
Rudof Hubert
Referent für Caritaspastoral