Was Hoffnung vermag - ein Brief aus Assisi
Er selbst lebt seit einiger Zeit in der Stadt des Hl. Franziskus, also in Assisi, und kann wegen der anhaltenden Corona - Krise zunächst nicht dorthin zurück. D. h. er teilt derzeit gewissermaßen das Schicksal von Menschen, die nicht in ihre Heimat zurückkehren können oder die keine Heimat (mehr) haben. In dieser, durchaus prekären Situation macht mein Freund Thomas sich Gedanken über unsere derzeitige Situation. Er hat für seinen Brief die Überschrift "Covid - 19 und die Konsequenzen" gewählt. Besonders hellhörig wurde ich beim Untertitel der Überschrift. Sie lautet: "ein franziskanischer Weg"
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Der Brief meines Freundes hat mich tief berührt. Er fängt in bewegenden Worten die Situation treffend ein, ich darf ihn zitieren:
"Die Stille der Krisentage ist trügerisch. Auch die bunten Bilder der in der Sonne flanierenden Menschen. "Geht doch alles irgendwie", denke ich manchmal. Nach der Krise fahren wir die Wirtschaft wieder hoch, der Einzelhandel darf seine Türen zum Verkauf wieder öffnen und die Cafés bevölkern sich endlich wieder. Abstand halten, daran gewöhnen wir uns. Mundschutz tragen in der Öffentlichkeit, nicht schön, aber zu ertragen.
Der Fotograf, der in Baden - Württemberg Gastronomen in ihren leeren Gasträumen und Hotellobbys in Schwarz - Weiß porträtiert hat, zeigt andere Sichten der Corona - Krise. Einzelne Unternehmer und Familien, die über Jahre in ihre Betriebe investiert und hart gearbeitet haben, um im Konkurrenzkampf zu überleben. Jetzt scheinen sie in den Abgrund ihrer Existenz geschaut zu haben: Einnahmen, die sie nicht mehr hereinholen; Schulden, die sie nicht mehr bedienen können.
Wer genau hinschaut, kann jetzt schon entdecken, wer zu den Verlierern der Krise zählt: die Alten, die Behinderten, Prostituierte, Obdachlose, Flüchtlinge, viele gerade erst arbeitslos gewordene Menschen, kleine Gewerbetreibende; Angestellte von Firmen, deren Budget schon immer auf Kante genäht war. In den USA Schwarze und Latinos. In Afrika die Armen, die kein Intensivbett bezahlen können. Und nicht zu vergessen: unser Klima."
Soweit ein längeres Zitat aus dem Brief meines Freundes. Es zeigt sehr konkret, wie ambivalent diese Krise erlebt wird; es zeigt in besonderer Weise die Verlierer, jene, die eigentlich schon immer im sprichwörtlichen "Schatten des Lebens" sitzen, die nie auf die "Sonnenseite" gelangen und die jetzt erst recht in eine Abseitsposition abrutschen. Es sind die "Armen", für die die Kirche, die Christen, eine "Option" haben sollten.
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Im Brief geht mein Freund dann auf die wirtschaftlichen Risiken, auf die Verschuldungen und zunehmenden Verwerfungen ein, um zu einem sehr ernüchternden Fazit zu gelangen:
"Und noch eines scheint mir ausgemacht: nach der Krise werden sich Probleme, die wir vor der Krise nicht gelöst haben noch verstärken. Um nur einige ungelöste Probleme zu nennen:
- Wo unsere Gesellschaft schon vorher gespalten war, wird die Spaltung zunehmen. Längst haben sich politische Gruppen jeden Zuschnitts auf die Zeit vorbereitet, in der sie ihre große Chance sehen das "System" abzuschaffen. Verschwörungstheorien, die die Jahrhunderte überdauert haben, erleben einen weiteren, bösen Frühling.
- Der Flüchtling, als Überträger von Krankheiten, das "System" an seinem Ende oder wieder einmal die Juden.
- Wo vorher schon Überwachung war, wird es noch mehr Überwachung geben.
- Wir waren davon überzeugt, unsere Welt und das Glück seien käuflich. Was bleibt als Orientierung, wenn die Arbeit reduziert wird, der Lohn nicht mehr hereinkommt, die Kredite nicht mehr abbezahlt werden können?...
- Wer schon heute politisch oder religiös ideologisiert ist, wird noch ideologisierter und radikaler werden. Politische Gruppen, radikale Weltverbesserer, Endzeitpropheten und neue Heilspropheten warten schon lange auf eine solche Krise."
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Die Frage stellt sich angesichts dieses ‚Befundes‘ mit Dringlichkeit: In was für einer Welt leben wir eigentlich? "Kirche in der Welt von heute" - so die Aussage des Konzils vor weit über 50 Jahren. Was ist das für eine Welt von heute? Mich nimmt noch immer die Analyse Karl Rahners gefangen, die ebenfalls schon fast 50 Jahre alt ist.
In seinem Programmbüchlein "Strukturwandel der Kirche als Aufgabe und Chance" aus dem Jahr 1972 formuliert Karl Rahner es so: [1]
"Wir leben in einer Zeit der Massengesellschaft, deren Autoritäten nur funktional verstanden werden, in der in einer merkwürdigen Gleichzeitigkeit Freiheit und Sozialität Schlüsselbegriffe geworden sind und sich gegenseitig zugleich bedrohen und begründen. Wir leben in einer Welt, in der der Mensch in den verschiedensten Dimensionen das Objekt seiner eigenen Machbarkeit und Veränderung geworden ist, so dass er sich kaum noch als ein fertiges Ebenbild Gottes verstehen mag, sondern eher als den Punkt des Kosmos, an dem dessen Fahrt in utopischen Entwürfen ins gänzlich Unbestimmte zu gehen anfängt. Wir leben in einer Welt, in der die Tiefenpsychologie Abgründe im Menschen entdeckt, die sie einerseits nicht durch einen Appell an eine rationale Freiheit des Subjekts, sondern durch eine naturwissenschaftlich konzipierte Psychotechnik zu beherrschen sucht und die doch anderseits den Menschen in die anonymen Mächte seiner biologischen und gesellschaftlichen Herkunft aufzulösen unternimmt. Wir leben in einer Welt, die eine Gesellschaft der steuernden Massenmedien ist, von denen niemand mehr genau wissen kann, wer sie selber steuert."
Wie soll, wie kann sich Kirche, kirchliche Caritas, angesichts dieser Herausforderungen verhalten? Als "franziskanischer Weg" empfiehlt mein Freund
- Schweigen, Gebet und Kontemplation als persönliche und gemeinschaftliche Orientierung.
- Er empfiehlt den Weg hinaus zu den Armen der Gesellschaft, sowohl im näheren Umfeld als auch im globalen Maßstab.
- Und er spricht von einer grundsätzlichen Neuorientierung und Umkehr.
Er ist sich dabei sehr bewusst, dass Religion, religiöse Gemeinschaften, es in Zukunft - wegen dieser notwendigen Fokussierungen, ja Neujustierungen - in Politik und Öffentlichkeit sehr schwer haben und erheblich unter Druck geraten werden. Das kommt insofern für ihn nicht überraschend, weil auch dies zu einem franziskanischen Weg gehört.
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Es ist uns heute aufgetragen, zu helfen, tatkräftig die Not zu lindern. Nicht minder weniger ist uns heute die Aufgabe zugefallen, seelische und geistige Nöte zu erkennen und mit ihnen umzugehen. Dazu gehören neben Einsamkeit, Trauer und Zukunftsängsten, Orientierungslosigkeit und fehlendes Selbstwertgefühl. Unsere Zeit ist durch eine ungeheure Spannung gekennzeichnet: Grenzenlosen Machtgefühlen stehen abgrundtiefe Ängste und Ohnmacht gegenüber. Die kirchliche Caritas erlebt, je mehr sie sich auf die Menschen einlässt umso stärker, auch deren Hilflosigkeit, deren Abhängigkeit und Ratlosigkeit. Kirche ist nicht mehr so sehr Schutzraum als vielmehr "Feldlazarett", wie es Papst Franziskus formuliert. Bereits 1952 sprach Hans Urs von Balthasar in Bezug auf das Welt-Kirche-Verhältnis von der "Schleifung der Bastionen". Sein gleichnamiges Büchlein hat an Aktualität nichts eingebüßt. In ihm sind Aussagen zu finden, die der Kirche und ihrer Caritas Richtung und Ziel geben:
"Die Veräußerlichung des Kirchenverhältnisses für eine überwiegende Zahl von Kirchenmitgliedern, wie es für lange Jahrhunderte feststellbar ist, kann daher nur als eine Verdunkelung des Eigentlichen und Ursprünglichen angesehen werden, ihre Überwindung als das Hinausschaffen eines Fremdkörpers." [2]
Balthasars Kritik setzt sich fort, indem er die Theologie unmissverständlich mit der Wirklichkeit konfrontiert, in der sich christliches Leben vollzieht, das der Kirche in gewisser Weise vorweg läuft:
"Aber hat die Theologie mit diesem Wandel Schritt gehalten, oder ist nicht das christliche Leben ihr einige Sprünge voraus? Manche sind heute bereit, ihr Leben für Kirche und Welt zu geben…Ihnen täte eine Theologie not, die das christliche Dasein unter dem Gesichtspunkt des Dienstes, des Auftrags, des Mitstrahlens und Mitverzehrtwerdens schildert. Wäre eine solche einmal klar durchdacht und auch in den christlichen Unterricht hinein volkstümlich gemacht, so könnte neue Kraft aus den christlichen Gemeinden in die Welt ausstrahlen."[3]
Balthasar ist weit davon entfernt, zu resignieren. Ganz im Gegenteil, sein Optimismus entzündet sich vielmehr an den Möglichkeiten für die "christlichen Gemeinden". Ihnen prophezeit er "neue Kraft", die in die Welt auszustrahlen vermag. Wenn nur eine "Theologie" vertreten und vor allem vermittelt wird "unter dem Gesichtspunkt des Dienstes". Hier wird auch der "Zusammenhang seiner Geschöpfe" ausdrücklich betont, in dem Caritas ihren vornehmsten Ort hat:[4]
"Bis in die formalsten Seinsgesetze hinein leuchtet dem Wissenden, der das Seiende gegen das Licht zu halten versteht, das Wasserzeichen Christi entgegen...so will uns Gott doch nicht anders sichtbar werden als im Zusammenhang seiner Geschöpfe…" [5]
Wie sieht er heute aus, der "Zusammenhang seiner Geschöpfe"? Gerade in Krisenzeiten sollten wir auf Glaubenszeugen achten, deren Botschaft oft genug weder gehört noch beherzigt wurde. Ich denke hier z.B. an Eugen Drewermann, der den "Zusammenhang seiner Geschöpfe" beispielhaft so beschreibt:
"Man muss über den Menschen sprechen, damit man von Gott glaubwürdig reden kann; man muss vom menschlichen Leid sprechen, von der Not, von der Unabgegoltenheit aller möglichen Angstsituationen. Dann wird man allerdings sehr bald merken, dass über die Psychologie, über die Neurobiologie hinaus, über die Angst der Tiere und der kleinen Kinder hinweg, für unser Dasein eine absolute Alternative wesentlich bestimmend ist. Die alles entscheidende Frage lautet: Existieren wir aus Angst oder aus Vertrauen? Dazwischen gestaltet sich alles, - ob wir angstgetrieben durch die Welt laufen oder ob wir die Brüchigkeit dieser Welt durch Vertrauen zu überwinden vermögen, diese Frage befindet darüber, wer wir wesentlich sind, wieviel Menschlichkeit in uns lebt, wie wir mit uns selbst und den Menschen an unserer Seite umgehen." [6]
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Es geht um "die alles entscheidende Frage". Drewermann fixiert sie zielgenau als Alternative zwischen Angst und Vertrauen. Ja, er sagt in aller wünschenswerten Klarheit: "Dazwischen gestaltet sich alles." Ist das nicht eine Richtungsanzeige, die uns heute hilfreich sein kann angesichts der Verschwörungstheorien, angesichts der Mythen ‚einfacher Rezepte‘ und der Rufe nach einem ‚starken Staat‘, den man paradoxerweise gleichzeitig ablehnt, weil er ja ohnehin nur im Dienst des Kapitals steht? Angst und Vertrauen - die alles entscheidende Frage. Und genau hier spürt man auch, "wie sich die Häupter zuneigen", denn Karl Rahner formuliert es ganz ähnlich:
"Da ich bin und mir und meiner Freiheit so schon ein Ja vorgegeben ist, scheint mir… mein Ja so selbstverständlich vom Grund der Wirklichkeit her zu sein, dass alle Proteste gegen die eigene Existenz in ihrer ganzen Konkretheit doch nur vorläufige Begleitphänomene eines im Grunde universalen Ja zu sich und dem Ganzen der eigenen Existenz sind."[7]
Drewermann und Rahner betonen den Geschenkcharakter des Lebens, das Sein, das dem Machen, dem Leisten und Können, auch dem Wissen vorgeordnet ist. Nur weil wir sind, weil uns das Geschenk des Seins, des Lebens zuteilgeworden ist, können wir unsere Möglichkeiten entfalten. Der religiöse Mensch ist ein dankbarer Mensch. Man könnte die Alternative auch so formulieren: Der Mensch des Glaubens ist eine ‚verdankte Existenz‘. Ihm gegenüber steht die "verdammte Existenz", von der Sartre spricht. Oder das "Geworfensein" ins Dasein. (Heidegger) Der Gläubige weiß, dass er nicht in‘ s Dasein "geworfen" wurde, er weiß sich im Dasein gehalten und getragen, er empfindet sein Leben - und das seiner Mitmenschen, ja der ganzen Schöpfung - als Geschenk. Gerade weil die Mit - und Umwelt als Geschenk erlebt wird, nennt er seine Welt Schöpfung. Und zwar Schöpfung eines liebenden Gottes. Die Naturwissenschaft mag das Wie der Schöpfung enträtseln. Dass Menschen mehr sind als "Übergangsgebilde im Stoffwechselhaushalt der Natur"[8] ist nicht ausschließliches Ergebnis der Evolution. Dazu reichen ‚natürliche Ursachen‘ nicht aus. Außerdem: Die Natur braucht uns nicht. Wir aber brauchen Hoffnung und Liebe, Geborgenheit und Annahme. Diese sind völlig unverdient, quasi gratis. Liebe und Vertrauen kann man weder kaufen noch machen! Und darum - und nur darum! - bezeichnen Menschen die Welt als Schöpfung, um deutlich zu machen: Wir als Personen sind gemeint, wir sind geliebt, uns soll es geben. Nicht als ‚Naturprodukt‘, sondern als Kinder eines geliebten Vaters oder einer geliebten Mutter, Kinder einer "absolut liebenden Person", die wir - oft nur mühsam stammelnd - mit Gott als "Geber aller Gaben" bezeichnen.
Diese Krise ist keine ausschließlich materielle Krise. Sie stellt unsere gesamte Existenz in Frage, darum ist sie in Umfang und Tiefe existentieller Natur. Sie wird letzten Endes nur geistlich zu bestehen sein, weil alle materielle Hilfe im buchstäblichen Sinn not-wendig ist. Hinreichend sind materielle Hilfen allein nicht. Um es mit Eugen Drewermann zu sagen:
"Es geht ganz einfach darum, welche Grundbedürfnisse sich anmelden, wenn und weil Menschen geistige Wesen sind. Salopp gesprochen: Wir haben einen Magen mit dem Bedürfnis, etwas zu essen zu finden, sonst gehen wir zugrunde. Und ich glaube, wir haben einen Geist, um bestimmte Antworten zu finden. Diese Antworten liegen in der Religion, und zwar wesentlich in der Abkehr von den biologischen Interessen des Überlebens, gleich, ob auf der Ebene der Gene oder der Meme. Was ‚überleben‘ möchte, ist das so ungeschützte, fragwürdige, liebeheischende, enttäuschbare Individuum. Es möchte aber nicht ‚überleben‘ im Kampf der Konkurrenz um Macht, Revierbesitz, Nahrungsressourcen oder Weibchen, es möchte eine Liebe finden, die ihm in seiner Einmaligkeit eine unzerstörbare, dauerhafte Bedeutung zuspricht.[9]
Ähnlich, wenn auch erheblich spekulativer, formuliert es Hoimar von Ditfurth in seinem Bestseller "Der Geist fiel nicht vom Himmel". Dabei macht Ditfurth noch einen bemerkenswerten Schritt weiter, indem er meint, einem anthropozentrischen Wahn gewissermaßen ‚auf die Spur gekommen‘ zu sein. Dem Wahn bzw. dem Missverständnis, zu meinen, als sei erst mit dem Auftauchen des Menschen so etwas wie Geist in der Welt zum ersten Mal erschienen. Um diesen Sachverhalt zu verstehen, lasse ich nachfolgend Hoimar von Ditfurth selbst sehr ausführlich zu Wort kommen:
"Das Gehirn hat das Denken nicht erfunden…So wenig, wie die Beine das Gehen erfunden haben oder die Augen das Sehen. Beine sind die Antwort der Evolution auf das Bedürfnis nach Fortbewegung auf dem festen Boden gewesen. Und Augen waren eine Reaktion der Entwicklung auf die Tatsache, dass die Oberfläche der Erde von einer Strahlung erfüllt ist, die von festen Gegenständen reflektiert wird. Dieser Umstand erst gab der Evolution die Möglichkeit, Organe zu entwickeln, die sich dieser Strahlung zur Orientierung bedienten. So gesehen sind Augen also ein Beweis für die Existenz der Sonne. So, wie Beine ein Beweis sind für das Vorhandensein festen Bodens und ein Flügel ein Beweis für die Existenz von Luft. Deshalb dürfen wir auch vermuten, dass unser Gehirn ein Beweis ist für die reale Existenz einer von der materiellen Ebene unabhängigen Dimension des Geistes. Wenn wir diesen Gedanken verfolgen, stoßen wir auf die wohl grundlegendsten aller unserer anthropozentrischen Missverständnisse und Selbsttäuschungen: Es ist doch eine wahrhaft aberwitzige Vorstellung, wenn wir immer so tun, als sei das Phänomen des Geistes erst mit uns selbst in dieser Welt erschienen. Als habe das Universum ohne Geist auskommen müssen, bevor es uns gab. Genau die umgekehrte Perspektive dürfte dem wahren Sachverhalt sehr viel näherkommen: Geist gibt es in der Welt nicht deshalb, weil wir ein Gehirn haben. Die Evolution hat vielmehr unser Gehirn und unser Bewusstsein allein deshalb hervorbringen können, weil ihr die reale Existenz dessen, was wir mit dem Wort Geist meinen, die Möglichkeit gegeben hat, in unserem Kopf ein Organ entstehen zu lassen, das über die Fähigkeit verfügt, die materielle mit dieser geistigen Dimension zu verknüpfen." [10]
Weniger spekulativ, aber in ähnlicher Richtung argumentiert Eugen Drewermann. In seinem Buch "Wir glauben, weil wir lieben"[11] mit dem Untertitel "Woran ich glaube" - ein Buch, das in gewisser Weise Drewermanns ‚Glaubensrechenschaft‘ darstellt, indem er eine Bilanz seines bisherigen Wirkens zieht - findet man sehr hilfreiche Hinweise auf die Frage, was es mit dem Menschen auf sich hat. Über das Bewusstsein, über die Tätigkeit des Gehirns, das von Drewermann in zwei voluminösen Bänden erforscht und beschrieben wurde,[12]kann man lesen:
"Bewusstsein ist keine Substanz, sondern ein Prozess…ein Prozess, der im Gehirn für das Gehirn stattfindet, eine Rückkopplung auf sich selber."[13]
Doch Drewermann ist Theologe, der die Aussagen der Wissenschaft kennt, sie jedoch theologisch hinterfragt und interpretiert. Darum lesen wir nur wenig später weiter:
"Menschsein bedeutet…dass wir in ein Feld eintreten, dass die Neurologie zwar in ihren Mechanismen begründen kann, das aber eine Fülle von Fragen aufwirft, die damit überhaupt erst entstehen und von denen die Neurologie ganz simpel sagen muss: Das ist nicht unsere Zuständigkeit. Fragen nach Sinn können wir nicht neurologisch stellen, nach Liebe eigentlich auch nicht. Wir können zeigen, wie ein Bewusstsein arbeitet, das solche Fragen hat. Wir können auch zeigen, dass eine Neigung im Gehirn existiert, bestimmte Antworten zu entwerfen; mehr aber nicht…Mit der Entstehung des menschlichen Bewusstseins riskiert die Evolution zum ersten Mal eine Lebensform, die an sie selber, an die Natur, Fragen richtet, die sie definitiv in ihrem eigenen Rahmen als Natur nicht beantworten kann. Sie schafft zum ersten Mal ein Lebewesen, das radikal sein Ungenügen findet in einer Natur, die zu allen Fragen, die wichtig sind, schweigen wird…Alle Religion besteht darin, das Ungenügen an der Natur mit etwas aufzulösen, aus dem alles Dasein, die ganze Natur selber, ihre Ableitung und ihre Berechtigung erfährt… Wer zu der Überzeugung kommt, dass individuelles Leben an sich nicht wichtig ist…wer den Biologismus in die Sozialbetrachtung und in die Umgangsweisen mit Menschen einführt, der braucht im Grunde keinen Gott. Er wird aber dessen geständig sein müssen, dass die Anschauung, die er vertritt, sich weit entfernt von dem, was wir kulturell als menschlich bezeichnen. Was er betreibt, ist der Rückfall in die Barbarei mit zivilisierten Mitteln vielleicht, aber unterhalb des Menschseins. Mit einem Wort: Wir sind Menschen geworden, indem wir uns durch den langen Gang der kulturellen Evolution aus der Natur herausgelöst haben… Personsein ist überhaupt kein Vorgang, der in einem individuellen Gehirn zustande käme, sondern der sich zwischen den Gehirnen austauscht vermittels von Sprache. Person entsteht, indem ein Individuum ein anderes anredet als unverwechselbar, mit einem eigenen Namen, und wenn es umgekehrt sich zurückmeldet, indem es den Namen des anderen lernt. Jedes Kind wird auf diese Weise groß, und einzig dieser Weg führt dahin, sich als eine individuelle Person zu erleben. Von da an beginnen all die Fragen, auf welche die Natur keine Antworten mehr hat. Sie führen dahin, dass wir uns eine Macht vorstellen, die selber Person ist und die von Anfang an mit uns geredet hätte…Der Gedanke der Schöpfung stammt im Grunde aus der Unzufriedenheit mit dem, was wir als Weltwirklichkeit antreffen. Da ist eine riesige Diastase zwischen den menschlichen Fragen und dem, was wir vorfinden…Kein Mensch darf mit einem anderen Menschen - ich behaupte: auch nicht mit einem Tier - so umgehen, wie die Natur es jederzeit tut. Dieser Unterschied ist absolut…Wohlgemerkt, dieser Gedanke stammt in keiner Weise aus der Ursachenforschung nach bestimmten Naturzusammenhängen…Er verbleibt ganz und gar in den Fragen, die nur wir Menschen an die Welt und an uns selber richten können, und er stiftet eine Antwort, die der Daseinshermeneutik dient, der Vermittlung von Sinnzusammenhängen, nicht von Kausalzusammenhängen."[14]
Es bleibt uns keine andere Wahl als die "Gnade des Alltags" (Karl Rahner) wahrzunehmen und zu leben. Sie ist nicht nur die Beglaubigung der kirchlichen Botschaft durch ‚Werke der Nächstenliebe‘, durch die Caritas. Sie kann auch heute - gerade heute - wo buchstäblich alles ‚in‘ s Rutschen kommt‘, uns darauf aufmerksam machen, dass wir immer schon mit mehr umgehen, als wir ahnen oder bereit sind, zu zugeben.
"Wo wir das Denken nicht vergessen über dem Gedachten, die Freude nicht über dem Erfreulichen, die Verantwortung nicht über dem Verantworteten, die unendliche Zukunft nicht über dem Gegenwärtigen, die maßlose Hoffnung nicht über dem gerade jetzt Erstrebten, da haben wir es schon mit Gott zu tun, wir mögen diesem Namenlosen diesen oder einen anderen Namen oder keinen geben." [15]
Alle Religionen, oft sehr unterschiedlich - geben davon in ihrem Wesen (nicht Unwesen!) beredtes Zeugnis. Letztlich geht es um eine einzige Grundfrage: Prägt Grundvertrauen oder ein grundsätzliches Misstrauen mein Weltverhältnis? Die Kirche mit ihrem diakonischen Auftrag hat die Chance, die Möglichkeit und die Berufung, mitzuhelfen, dass Liebe als Grundlage allen Seins erfahrbar(er) wird. Denn "Glaubhaft ist nur Liebe".[16]
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Der "Zusammenhang seiner Geschöpfe", das ist unsere Umwelt und Mitwelt. Wie kann sie gestaltet werden? Wohin führt die Entwicklung der menschlichen Gesellschaft? Gerade in Krisenzeiten werden derlei Fragen laut und vernehmlich gestellt. Und die Antworten? Sie fallen - je nach Orientierung - sehr verschieden aus. Immer wieder neu wurde und wird versucht, Korrekturen zur gesellschaftlichen Veränderung zu empfehlen, die in der Geschichte mehrheitlich Leid, Not und Tod hinterlassen haben. Und nicht selten laufen Menschen, insbesondere jene, die nur die offene Gesellschaft erlebt haben, in der Denken, Reden und Tun frei ist, unseriösen ‚Heilsversprechen‘ hinter her, die das Zeugnis der Geschichte gegen sich haben. Hier wird man sehr behutsam sein müssen, denn einerseits werden "die großen Fragen"[17] häufig gar nicht (mehr) gestellt. Warum nicht? Weil vielfach der Mensch sich mit dem begnügt, das er vorfindet. "Mit dem Tod ist eh‘ alles aus", diese Aussage ist für nicht wenige Zeitgenossen zur Maxime geworden. Oder die Fragen nach Sinn und Ziel des menschlichen Lebens werden als sinnlos und irrelevant erachtet, frei nach dem Motto Wittgensteins: Man solle doch dort schweigen, wo man nicht mehr exakt reden kann. Wenn das so ist, scheint es auch am besten zu sein, in ‚agnostischer‘ Manier sich jeder echten und eindeutigen Entscheidung zu enthalten. Karl Rahner hält dieses Ausweichen letzten Endes nicht nur für nicht möglich, sondern für eine schlechte Entscheidung, wenn er zu bedenken gibt:
"Kann es die skeptische Abstinenz einer Entscheidung zwischen Theismus und Atheismus auf die Dauer weiterbringen als zu einem Leben von Banalität, das ängstlich den großen Fragen des Daseins als einem und ganzem ausweicht?" [18]
Man kann den eigentlichen, den großen Fragen nicht ausweichen, weil auch dieses Ausweichen eine Entscheidung ist! In Bezug auf die Gottesfrage bringt Karl Rahner noch einen weiteren Aspekt in‘ s Gespräch ein:
"Das Wunder des Daseins besteht nun aber nicht so sehr darin, dass es dieses Geheimnis gibt (wer kann dies eigentlich anders leugnen als dadurch, dass er sich hartnäckig weigert, sich damit zu beschäftigen?), sondern darin, dass man sich mit ihm einlassen kann und darf, ohne im selben Augenblick in die eigene Nichtigkeit zurückgeschleudert zu werden…" [19]
Es stellt sich zudem die Frage, was eigentlich passiert, wenn die Frage nach dem Ganzen, nach sich selber, wirklich total ausfällt? Was geschieht mit dem Menschen in diesem Vorgang? Karl Rahner hat dies auf eine einprägsame Formel gebracht:
"Der Mensch hätte das Ganze und seinen Grund vergessen und zugleich vergessen- wenn man das noch so sagen könnte -, dass er vergessen hat. Was wäre dann? Wir können nur sagen: Er würde aufhören, ein Mensch zu sein. Er hätte sich zurückgekreuzt zum findigen Tier."[20]
Darum sind die ‚großen Fragen‘ des Menschen für das Menschsein nicht weniger wichtig wie die Antworten, die darauf gegeben werden. Auf die materialistische Grundlage des Marxismus antwortet Eugen Drewermann:
"In dem antireligiösen Widerspruch, wie er im Marxismus formuliert wird, bleibt der Mensch hoffnungslos in den materialistischen Grundbestimmungen stecken, die da lauten: er ist ein Aggregat im Stoffwechselhaushalt der Natur; - für die Energiebilanz der Natur ist er eine bloße Verrechnungseinheit; und auch die menschliche Geschichte ist in ihrem 'Anderssein' nur die Sammlung all der Widersprüche, die im Kampf ums Dasein in der Natur selbst bereits enthalten sind..."[21]
Soweit die Analyse Drewermanns, der allerdings einen Ausweg aufzeigt. Drewermann sieht ihn in einem recht verstandenen Glauben.
"Glaube ist nicht eine romantische Illusion weltjenseitiger Zustände, er ist im Gegenteil die Entscheidung, in diesem Leben hier auf Erden, mit dem Blick auf die Wirklichkeit Gottes den Verlockungen der Selbstauslieferung an die verwaltete Welt der Wirtschaft und der organisierten Gewalt des Staates zu entsagen... Die Synthese einer Freiheit in Ungerechtigkeit, wie sie der Kapitalismus gebiert, und einer Unfreiheit in Gerechtigkeit, wie der Sozialismus sie bietet, setzt einen Menschen voraus, der in persönlicher Freiheit zu Selbstbeschränkung und Solidarität imstande und bereit ist. Eine solche Synthese ist das wahre Angebot der Religion, insbesondere des Christentums."[22]
Doch gerade die Botschaft des Glaubens, der Religionen, steht heute in Frage. Caritatives Engagement der Kirchen - das ist willkommen. Doch alles andere scheint heute eher verdächtig zu sein. Hat Gott je wirklich geholfen? Ist er nicht viel zu oft eine "Beruhigungspille" gewesen, ein (zu) billiger Trost, der nicht zu halten vermag, was er verspricht? Über diese und andere Vorwürfen sollte man nicht leichtfertig hinweggehen. Viel zu oft haben sie den Beweis des Lebens für sich. Doch geben sie die ganze Wirklichkeit her? Und was ist die Alternative? Wird sie nicht oft genug erkauft mit Verdrängung oder mit der Zuflucht in vermeintliche Verschwörungstheorien und skurrile ‚Heilslehren‘? Hier sollten Christen tatsächlich - nicht überheblich - aber doch mit einem gesunden Selbstwertgefühl auftreten. Denn:
Was sollte denn den Glauben an Gott erschüttern? Das Hohe und Selige des Lebens kündet von ihm. Die schrecklichen Abgründe schreien genauso nach ihm, die Banalität des Alltags wird doch nur erträglich in der Hoffnung, dass das Leben des Geistes, der Freiheit und der Liebe nicht in dieser Banalität grausam und endgültig versandet. Die absolute Würde der Liebe und Treue ist inwendig erfüllt und getragen von dem, was wir Gott nennen. Alle Straßen der Zukunft führen zu Gott, wenn sie sich nicht im Nichts verlaufen sollen und so auch die kleinen Wegstücke, die wir darauf abschreiten, sinnlos machen sollen. Mir scheint, in allem blickt Gott mich an und lässt sich begegnen." [23]
Aber könnte ein Christentum abseits der Kirche nicht doch eine Alternative sein? Vielfach hört man heute: "Jesus ja, Kirche nein". Geht das so einfach? Dazu noch einmal Karl Rahner:
"Ein Auszug aus der Wahrheit der Kirche, aus ihrer Botschaft von dem lebendigen, bergenden Geheimnis, das wir Gott nennen, aus der Hoffnung des ewigen Lebens, aus der hoffenden Teilnahme an dem Tod Jesu, der sich hoffend und liebend in dieses Geheimnis Gottes fallen ließ, aus der Gemeinschaft der Liebe, Kirche genannt, aus der Annahme der Vergebung unserer Lebensschuld, kurz, aus alldem, was Kirche heißt, würde den Menschen nicht in ein größeres Reich des Sinnes, des Lichtes, der Freiheit und der Hoffnung führen. Ein solcher Auszug wäre eben doch nur entweder ein Sich- fallen - Lassen in eine dumpfe Dunkelheit der Skepsis und des billigen Relativismus oder der fragwürdige Versuch, allein aus den geringeren Resten von Sinn, Licht und Mut, die noch bleiben, zu leben, ohne dass man eigentlich sieht, warum diese Reste mehr Zustimmung und Vertrauen verdienen als jene Fülle des Sinns, der in der Kirche gegeben und lebendig ist" [24]
Es ist der Reichtum des Lebens, der uns in dem, was kirchliche Sprachregelung ‚göttliche Zuwendung‘, Gnade, nennt, im tatsächlichen Leben immer neu begegnet. Begegnen kann, wenn wir den Mut finden, uns auf das Leben ohne Vorbehalt, im Vertrauen einzulassen. Welch eine grandiose und weite Sicht von Kirche tut sich hier auf, wenn wir von Gottes Gnade (endlich!) groß und weit genug denken - weil es SEINE Zuwendung ist! Diese Zuwendung macht auch uns Menschen weit und groß. Wir sind keine Marionetten, sondern wir sind, wie es der kirchliche Lobpreis sagt, zur "Freiheit der Kinder Gottes" berufen. Davon zu künden - in Wort und Tat - ist Wesen und Auftrag der Kirche "in der Welt von heute". Caritas ist Ausdruck dessen, dass der "Mensch nicht vom Wort allein lebt", sondern vom offenen Ohr, vom sehenden Blick und von der helfenden Hand. Denn: "Gottes Heil gilt allen Menschen". Oder, mit den Worten Karl Rahners:
"Christentum ist die Tat des lebendigen Gottes an uns…Da aber das, was Gott uns gibt, im letzten nicht seine geschaffene Gabe, sondern er selbst ist, ist das Christentum schließlich einfach der ewige Gott selbst, der selber zum Menschen kommt, der selber an diesem Menschen in seiner Gnade so handelt, dass dieser in Freiheit sein Herz aufmache, damit in dieses arme Herz dieser kleinen Kreatur das ganze, herrliche, unendliche Leben des dreifaltigen Gottes einziehe." [25]
Hier komme ich noch einmal auf meinen Freund Thomas, der jetzt in Assisi mit seiner Frau lebt, zurück. Ich glaube, dass sein "franziskanischer Weg" ein Glaubensweg ist, der vielleicht am besten beschrieben werden kann mit zwei Buchtiteln von Karl Rahner, nämlich "Vom Glauben inmitten der Welt"[26] und "Glaube, der die Erde liebt"[27]. Wir werden in der Caritas immer nahe beim Menschen sein. Doch wir können das nur ganzheitlich sein, wenn wir - bei aller Hilfe und aller Empathie - auch in der Lage sind, Auskunft zu geben nach dem "Grund unserer Hoffnung", wie es im Neuen Testament, im ersten Petrusbrief (1 Petr. 3,15) heißt. Da verfängt auch nicht der Vorwurf Nietzsches aus seinem Zarathustra:
"Bessere Lieder müssten sie mir singen, dass ich an ihren Erlöser glauben lerne: erlöster müssten mir seine Jünger aussehen!" [28] Dem stellt Karl Rahner die Frage gegenüber:
"Zunächst müsste man zurückfragen, ob der Mensch sich heute unerlöst erfährt, eingesperrt in die Hölle seiner Schuld, ummauert von seinen tausend Endlichkeiten und Enttäuschungen. Wenn der Mensch von heute diese seine Unerlöstheit nicht vorlässt…dann kann er natürlich auch seine Erlöstheit nicht erfahren." [29]
Ich komme zum Schluss. Die ‚Corona-Krise‘ lässt heute sehr wohl die "Unerlöstheit" erfahren - und das nur allzu deutlich! Das Virus gefährdet weltweit Menschenleben. Und vor allem, wie bereits beschrieben, verursacht diese Krise nicht nur materielle Not. Sie führt in existentielle Grundfragen, die das gesamte Leben betreffen. Wir erleben heute in einer ungeheuren Dramatik etwas von der "Not und dem Segen des Gebetes"[30]. D. h. wir können etwas davon erfahren, wenn wir uns unbefangen auf das Leben einlassen und Sorgen und Nöte, Sehnsüchte und Hoffnungen zu Wort kommen lassen und sie nicht verdrängen.
Allerdings - das sei deutlich angemerkt - sind Not und Segen nicht eng zu führen auf bestimmte Riten, Religionen oder Konfessionen. Hier möchte ich auf Meditationen Karl Rahners aufmerksam machen, in denen der caritative Charakter dessen, was wir unter ‚Gnade‘ verstehen, am deutlichsten erfahrbar wird. Und hier wird auch deutlich, was gemeint ist, wenn Christen von "anonymen Christen" sprechen. Keine Vereinnahmung ist damit gemeint, sondern das Aufsprengen jeglicher institutioneller Engführung. Letztlich ist dieser theologische Ausdruck ein einziger Lobpreis der Hoffnung und des göttlichen Gnadenhandelns, das sich "keine Grenze endgültig befehlen lässt".[31]
"Wo eine Verantwortung in Freiheit auch dort noch angenommen und durchgetragen wird, wo sie keinen angebbaren Ausweis an Erfolg und Nutzen mehr hat,
Wo ein Mensch seine letzte Freiheit erfährt und annimmt, die ihm keine irdischen Zwänge nehmen können,
Wo der Sturz in die Finsternis des Todes noch einmal gelassen angenommen wird als Aufgang unbegreiflicher Verheißung,
Wo der bittere, enttäuschende und zerrinnende Alltag heiter gelassen durchgestanden wird…
Wo man sich loslässt, ohne Bedingung, und diese Kapitulation als den wahren Sieg erfährt,
Wo der Mensch alle seine Erkenntnisse und alle seine Fragen dem schweigenden und alles bergenden Geheimnis anvertraut, das mehr geliebt wird als alle unsere uns zu kleinen Herren machenden Einzelerkenntnisse,
Wo wir im Alltag unseren Tod einüben und da so zu leben versuchen, wie wir im Tode zu sterben wünschen, ruhig und gelassen… Da ist Gott und seine befreiende Gnade. Da erfahren wir, was wir Christen den Heiligen Geist Gottes nennen. Da ist die Mystik des Alltags, das Gottfinden in allen Dingen"[32]
Rudolf Hubert
Schwerin, den 20.04.2020
[1] Karl Rahner "Strukturwandel der Kirche als Aufgabe und Chance", Freiburg-Basel-Wien 1972, S. 24
[2] Hans Urs von Balthasar "Schleifung der Bastionen", Einsiedeln, 1952, S.79
[3] Hans Urs von Balthasar "Schleifung der Bastionen", Einsiedeln, 1952, S.53
[4] Heute reden wir von Gemeinwesenbezügen, vom kirchlichen Engagement in Sozialräumen. All dies ist beileibe nicht neu! Doch hat man je auf die Propheten gehört?
[5] Hans Urs von Balthasar "Schleifung der Bastionen", Einsiedeln, 1952, S.82
[6] Eugen Drewermann - "Die großen Fragen", Ostfildern, 2012, S. 22
[7] Karl Rahner "Praxis des Glaubens", Freiburg -Basel-Wien/ Zürich - Köln 1982, S. 21
[8] Eugen Drewermann "Wendepunkte", Ostfildern 2014, S.9
[9] Eugen Drewermann "Wenn die Sterne Götter wären", Freiburg-Basel-Wien 2004, S. 155
[10] Hoimar von Ditfurth "Der Geist fiel nicht vom Himmel", München 1980, S. 318
[11] Eugen Drewermann "Wir glauben, weil wir lieben", Ostfildern 2010
[12] Eugen Drewermann "Atem des Lebens" I und II, Düsseldorf 2006/2007
[13] Eugen Drewermann "Wir glauben, weil wir lieben", Ostfildern 2010, S. 155
[14] Eugen Drewermann "Wir glauben, weil wir lieben", Ostfildern 2010, S.156-168
[15] Karl Rahner "Das große Kirchenjahr", Freiburg-Basel-Wien 1987, S. 89
[16] Hans Urs von Balthasar "Glaubhaft ist nur Liebe", Einsiedeln 1963
[17] Eugen Drewermann "Die großen Fragen" Ostfildern 2012
[18] Karl Rahner/Karl-Heinz Weger "Was sollen wir noch glauben?", Freiburg-Basel-Wien 1979, S. 62
[19] Karl Rahner/ Karl Heinz-Weger "Was sollen wir noch glauben?", Freiburg-Basel-Wien 1979, S. 193
[20] Karl Rahner "Grundkurs des Glaubens", Freiburg-Basel-Wien 1976, S. 58
[21] Eugen Drewermann "Von Krieg zu Frieden" - Kapital &Christentum Band 3, Ostfildern 2017, S. 361
[22] Eugen Drewermann "Von Krieg zu Frieden" - Kapital &Christentum Band 3, Ostfildern 2017, S. 363
[23] Karl Rahner/ Karl Heinz Weger "Was sollen wir noch glauben?", Herder, Freiburg, Basel, Wien, 1979, S. 66 f
[24] Karl Rahner ""Schriften zur Theologie", Band IX, Benziger, Einsiedeln, Zürich, Köln,1970, S. 479 - 497 (489)
[25] Karl Rahner, Freiburg-Basel-Wien 1962, 4. Aufl. "Maria", S. 31
[26] Karl Rahner "Vom Glauben inmitten der Welt", Freiburg-Basel-Wien 1961
[27] Karl Rahner "Glaube, der die Erde liebt", Freiburg-Basel-Wien 1966
[28] Friedrich Nietzsche "Also sprach Zarathustra", Leipzig 1941, S. 98
[29] Karl Rahner/ Karl -Heinz Weger "Was sollen wir noch glauben?", Freiburg-Basel-Wien 1979, S. 146
[30] Karl Rahner "Von der Not und dem Segen des Gebetes", Freiburg i.Br. 1958
[31] Karl Rahner/Karl -Heinz Weger "Was sollen wir noch glauben?", Freiburg-Basel-Wien 1979, S. 206
[32] Karl Rahner "Worte gläubiger Erfahrung", Herder, Freiburg, Basel, Wien, 2004, S. 62 f