Was mir zu Ostern wichtig ist
Mit all dem hat das Fest Ostern zu tun. Wir erleben Neues, den Aufbruch aus Zwängen, Einengungen, Dunkelheit.
Welche Bedeutung hat die Auferstehung?
Damit bin ich schon bei der christlichen Bedeutung von Ostern. Früher hat man schnell gesagt: "Jesus starb am Karfreitag für unsere Sünden und ist Ostern vom Tode erstanden." Heute sind diese Aussagen nicht unwahr, aber vielfach unverständlich. Wir müssen heute anders davon reden, auch in unseren Kirchen. Wir sollten davon reden, dass Menschen so ‚gebaut‘ sind, dass sie ohne Hoffnung nicht leben können: Hoffnung auf Gesundheit, einen guten Beruf, eine gute Familie - ja und auch Hoffnung auf ein gutes Sterben. Und wir erleben vielfach, dass "nicht alle Blütenträume reifen", dass viele Dinge im Leben "aus den Fugen geraten". Gerade heute, im Jahr 2020, erleben wir dies in bedrängender Weise. Unsere Hoffnung wird vielleicht enttäuscht. Und dennoch: Wir fragen und hoffen weiter, nicht nur dass Einzelnes gelingt. Wir hoffen darauf, dass das Ganze, unser ganzes Leben, ja das Leben aller Menschen irgendwie ‚heil‘ wird.
Und es geht noch weiter, wenn wir an die Umweltkrisen denken: Wir hoffen darauf, dass eigentlich die ganze Schöpfung irgendwie besser wird, ‚heil‘ wird. Und viele Menschen engagieren sich und zeigen i m Engagement ihre Hoffnung, ohne dass mitunter viele Worte gemacht werden. Letzten Endes aber wissen wir: Unsere Kraft reicht für sehr viel. Aber sie reicht nicht, wirklich alles ‚heil‘ zu machen. Wir fragen darum nach dem Grund unserer unbedingten Hoffnung und ahnen mehr als wir es wissen, dass das Leben nicht nur Geschenk, sondern auch Verheißung ist. Verheißung - um es in religiöser Sprache zu sagen - auf ein ‚Mehr‘, auf ein ‚Leben in Fülle.‘
Ostern feiern Christen, dass in der ‚Auferstehung Jesu sowohl Zeichen und Wirklichkeit von etwas gegeben sind, das uns "unbedingt angeht", dass uns etwas gezeigt und gleichzeitig vermittelt wird - und zwar glaubhaft: Unsere unbedingte Hoffnung ist nicht ‚Trug und Schein‘, sie ist keine Illusion. Sie ist Wirklichkeit. Sie ist schon da, eingebrochen in unser Leben. Sie betrifft uns im Hier und Heute, sie betrifft alle Menschen zu allen Generationen und auf allen Kontinenten, sie betrifft die gesamte Schöpfung. Das Leben siegt über alle Unwägbarkeiten, weil, die alles bestimmende Wirklichkeit‘ sich uns zugewendet hat, uns zugewendet bleibt und selbst im Tode siegreich ist.
Was macht Ostern mit mir persönlich, hat es Auswirkungen auf mein Leben?
Mit der "alles bestimmenden Wirklichkeit" komme ich bruchlos zur letzten Frage: Was bestimmt mein Leben? Welche Auswirkungen hat es für mich? Ich habe erlebt, wie mir von Staats wegen eingeredet wurde, dass entscheidend ist, zu welcher Klasse ich gehöre. Meine Großeltern und Eltern hörten noch von der alles bestimmenden Wirklichkeit der Rassenzugehörigkeit. Und heute ist nur der o.k., der ein guter Konsument, ein guter Verbraucher ist. Mein Osterglaube sagt mir: Verachte nicht die guten, die schönen Dinge des Lebens. Sie sind Ausdruck dessen, dass das Leben ein großartiges Geschenk ist, dass der "Geber aller Gaben" Menschen großartige, schöpferische Kräfte gegeben hat.
Aber einen letzten Vorbehalt signalisiert mein Osterglaube mir auch: Genieße das Leben, sei dankbar - aber mache das, was dein Leben so bunt und reich machen kann, nicht zur ‚alles bestimmenden Wirklichkeit‘. Nur zu gerne drängen sich Gesundheit, Luxus und Kapital in diese Rolle. Mein Osterglaube sagt mir: Wenn du diesen Wirklichkeiten total verfällst, dann verspielst du dein Leben, weil du dich mit dem begnügst, das dich nicht wirklich restlos ausfüllen kann. Was wirklich zählt, was wirklich bleibt, sind Hoffnung und Liebe. Hoffnung, dass alles Leben ‚heil‘ wird und Liebe als Ausdruck dessen, dass diese Hoffnung wirklich allen und allem gilt.
Mein Osterglaube sagt mir: Wenn du dies wirklich im Leben gelten lässt, dann ist jede Angst besiegt, dann bist du ein ‚Gläubiger‘, der die ‚Sünde‘, wie man früher gerne sagte, meidet. Es lohnt sich, so zu leben. Davon kündet das Osterfest, so haben die Jünger Jesu den Gescheiterten erfahren, so konnten es in der Geschichte viele Menschen erleben, die heute als Heilige verehrt werden. Ich habe die Hoffnung, dass ich mein Leben an dem ‚Auferstandenen‘ ausrichte und dass SEINE Kraft mich auch dort und dann begleitet, wo ich selber schwach werde.
Ostern sagt mir auch, in einer Zeit, in der die Werbung mir immer neue Bedürfnisse einredet: "Der Mensch lebt nicht vom Brot allein." Ostern sagt mir: Traue dem Leben, Du bist nicht allein. Diese Zusage gilt, über alle Grenzen hinaus. Sie wird von Unzähligen mit dem Lebenszeugnis verbürgt. Und ich bin froh, dass die christliche Botschaft dies in allen möglichen, oft farbigen Bildern und Geschichten ‚ausschmückt‘, die uns Kultur - und Religionsgeschichte schenken.
Rudolf Hubert
Schwerin, den 07.04.2020